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1. Leitfaden der Weltgeschichte für die höheren Classen evangelischer Gymnasien und Realschulen, sowie zum Privatgebrauch für Lehrer und für Gebildete überhaupt - S. 33

1859 - Lübeck : Rohden
Iv. §. 3. Jsrael's Ankunft zumfi Verderben für die Cananitcr. 33 Ihnen gegenüber fteht die wilde, kriegerische Ast arte und der Alles verderbende und verschlingende Moloch. Diesem Verderber, kein Moloch, wurden die schrecklichen Feueropfer gebracht, die Kinder, welche in den Armen des glühenden Götzenbildes verbrannt wurden. Von tiefem gräßlichen cananitischen Götzendienst sagt die Schrift Ps. 106, 37 f.: sie dieneten ihren Götzen und opferten ihre Söhne und Töchter den Teufeln, und vergossen unschuldiges Blut, das Blut ihrer Söhne und Töchter, die fte^opferten den Götzen Canaan's, daß das Land von Blutschulden beflecket ward. Vor diesem Greuelwesen war- net der Herr die Israeliten 5 Mos. 18, 9—12; „Du sollst nicht thun den Greuel dieser Völker, daß nicht unter dir gefunden werde der sei- nen Sohn oder Tochter durch's Feuer gehen lasset, oder ein Weissager, oder ein Tagewähler oder der auf Vogelgeschrei achtet, oder ein Zau- berer oder Beschwörer oder Wahrsager oder Zeichendeuter oder der die Todten frage. Denn um solcher Greuel willen vertreibt sie der Herr dein Gott vor dir her." Wohin die Phönizier kommen und sich nieder- lassen, sei es zu Lande oder zur See, dahin verpflanzen sie diesen schrecklichen Götzendienst. Nicht ohne Schauder berichten eine große Anzahl heidnischer Schriftsteller von dem grauenhaften Verbrennen der Kinder auf den phönizischen Colonieen in Afrika, Spanien u. s. w. Der in Tyrus am meisten verehrte Gott hieß Melkarth (beiden Griechen Herakles) und war eine Zusammenfassung des Baal und Moloch-, wie solche bei den Asiaten häufiger vorkommt. Er stellt die Sonne dar in ihrer wohlthätigen und lebenerweckenden, aber auch in ihrer versengenden und zerstörenden Kraft. Ihm gegenüber steht die Astarte, die finstere, strenge, schweigende Göttin, die durch Ver- stümmelung und Entmannung verehrt wurde, die Nacht- und Mond- göttin. Aber der Melkarth verfolgt sie mit seiner glühenden Leiden- schaft nach Westen hin bis an das Ende der Erde. Da endlich ergiebt sie sich ihm und nun wird aus der finstern Ast arte die lockende Asch er a, die Geburtsgöttin, die ganz besonders in Sidon und auf der von Si- doniern besetzten Insel Cypern verehrt wurde. Diese Asch er a (von Luther gewöhnlich „Hain" übersetzt) ist recht eigentlich die Göttin der Wollust. In ihren Tempeln wurden die ekelhaften Orgien gefeiert, da Weiber und Jungfrauen (aus Frömmigkeit!) ihre Keuschheit opferten und durch wollüstige Fleischesfeier sich dem Dienst dieser Hurengöttin weihetcn. Das Alte Testament ist voll von Warnungen an die Israeli- ten, sich vor der Nachahmung solcher Greuel zu hüten, und voll trauriger Beispiele, daß sie es nicht gethan (Rieht. 2, 13. 3, 7. 6, 25. 10, 6. 1 Sam. 7, 3. 12, 10 u. s. w.). §. 3. Jsrael's Ankunft zum Verderben für die Cananiter. Nach der langen Läuterungszeit in der Wüste kam das Volk Israel von Osten her an die Grenzen Canaan's, ungefähr da, wo der Jordan sich in's todte Meer ergießt. Erst diesseit des Jordan sollte ihr Nachewerk an den Cananitern beginnen, denn erst da be- v. Rvhden, Leitfaden. 3

2. Leitfaden der Weltgeschichte für die höheren Classen evangelischer Gymnasien und Realschulen, sowie zum Privatgebrauch für Lehrer und für Gebildete überhaupt - S. 54

1859 - Lübeck : Rohden
54 V. §. 7. Unglaube und Feindschaft der Nachbarn Wider Israel. Gott will nicht umsonst vor ihre Augen seine Herrlichkeit hingestellt haben. Haben sie dieselbige verschmäht und von sich gestoßen, so haben sie dadurch die Gnade Gottes verwirkt und seine Gerichte über sich herbeigezogen. Was verlangte er von ihnen? Nicht etwa, daß sie allen ihren Göttern entsagen, den alleinigen Gott erkennen und verehren, sein Gesetz annehmen und sich beschneiden lassen sollten. Das wäre für die Massen der Heiden in der alten Welt eine zu schwere Zumuthung gewesen. Aber das konnte mit Fug und Recht von ihnen erwartet werden, daß sie mit dem nahe verwandten Volk Israel Freundschaft hielten, daß sie dessen höhere Weisheit und Sitt- lichkeit anerkannten, daß sie den Gott Israel als den allmächtigen Gott, der über alle Götter erhaben sei, verehrten, daß sie die Gebote und Rechte des höchsten Gottes, so weit sie ihnen bekannt wurden, auch an ihrem Theil zu befolgen suchten, weil ihr Gewissen ihnen deren Wahrheit und Heiligkeit bezeugte, daß sie sich wenigstens vor den gröbsten Ausbrüchen des götzendienerischen Greuelwesens hüteten. Von alledem finden wir das gerade Gegentheil. Kein anderes Heideuvolk der alten Welt ist in so tiefe Gemeinheit und unnatürliche Grausamkeit bei seinem Götzenwesen hineingerathen, als gerade die- jsnigew, welche mit Israel am engsten zusammenlebten. Weder bei den Griechen noch bei den Römern, weder bei den Persern noch bei den Iàrn, weder bei den Germanen noch bei den Kelten finden sich solche haarsträubende Grausamkeiten beim Gottesdienst, wie die massen- haft« Verbrennung der Kinder durch die eignen Eltern zu Ehren des Moloch, noch auch solche widerwärtige Auflösung aller Bande der Scham und Zucht, wie sie zu Ehren der cananitischen und babyloni- schen Göttinnen erfolgte. Gerade in die am weitesten abgewichenen, des Gewissens Stimme am meisten übertäubenden Heidenvölker hat Gott sein Volk mit dem weithin strahlenden Glanze des Lichtes und Rechtes gestellt. Aber sie wurden dadurch nur desto wilder, desto feindlicher, desto verstockter in ihrem bösen Wesen. Den Ungläubigen wurde auch hier der Stein, der auserwählte köstliche Edelstein, der zu Zion gelegt ist, ein Stein des Anstoßes und der Aergerniß, an dem sie zerschellen und vergehen mußten. Weil sie das Heil, das ihnen so nahe gebracht war, von sich stießen, so verwandelte sich der Segen, der ihnen von Israel aus zugehen sollte, in Fluch, und sie gingen an ihrer Feindschaft wider Israel zu Grunde. Wir wollen jedoch nicht vergessen, daß in einzelnen wenigen Fällen der Segen, welcher von dem Volk Gottes auf die Nachbarvölker aus- gehen sollte, bei etlichen Personen wirklich zur Erscheinung kam; und

3. Leitfaden der Weltgeschichte für die höheren Classen evangelischer Gymnasien und Realschulen, sowie zum Privatgebrauch für Lehrer und für Gebildete überhaupt - S. 25

1859 - Lübeck : Rohden
Iii. §. 4. Unglaube und sittliches Verderben der Aegypter. 25 §. 4. Unglaube und sittliches Verderben der Aegypter. Haben wir bisher den Glanz und die Größe Aegyptens uns vorgestellt, deren Nichtigkeit ihnen Gott der Herr durch den Eintritt Joseph's vor Augen gerückt hat, so müssen wir jetzt die Kehrseite in's Auge fassen, das sittliche Verderben, durch welches die Aegypter das Strafgericht Gottes herauöforderten. Wie tief die Sittlichkeit unter den Nachkommen Ham's auch in Aegypten gesunken sein muß namentlich in Bezug auf die geschlechtlichen Verhältnisse, tritt uns gleich bei der ersten Begegnung des Gottesmannes Abraham mit den Bewohnern Aegyptens entgegen. Er kommt als Gast in's Land, und statt durch die Heiligkeit des Gastrechts gesichert zu sein, muß er den Tod fürchten. Warum? Weil die Aegypter — welche ent- entsetzliche Geilheit!— ihn um seiner schönen Frau willen nicht leben lassen würden. Und diese ungescheute Befriedigung der wollüstigen Begierden geht bis an den Hof des Pharao hinauf. Die Sara wird als ein schönes Weib vor ihm genannt: gleich läßt er ohne Rücksichten und Umstande, als müßte es nur so sein, die Sara an seinen Hof holen. Und machte nicht Joseph dieselbe Erfahrung an den Frauen? Kann man sich eine größere Schamlosigkeit denken, als die frechen Zumuthungen, welche die vornehme Frau des Po tip Hera an ihren fremden Sklaven stellte? Aus anderweitigen schriftlichen Zeugnissen und steinernen Bildwerken empfangen wir eine große Zahl von Beweisen, daß diese Schamlosigkeit der Weiber und Geilheit der Männer alle Schichten der Bevölkerung durchdrang. — Woher hät- ten sie auch einen sittlichen Halt und Zügelung ihrer Begierden neh- men sollen? Den wahrhaftigen Gott, den Schöpfer Himmels und der Erden, hatten sie, wie wir schon sahen, lange verloren. Ihr Gott Ra und Ptha oder Kneph und Ammon war nur noch eine farblose Erinnerung an das höchste Wesen, das über aller Materie steht. Dagegen hatten sie ihren Gottheiten einen fremden, niedrigen, aber bei allen Hamiten wiederkehrenden Charakter aufgedrückt. Sie hatten ihre Götter zur Versinnbildlichung der erzeugenden und ver- nichtenden Naturkräfte benutzt. Die Sonne ist das Leben schaffende, befruchtende Gestirn, daruin werden die obersten Gottheiten meist mit der Sonne zusammengestellt. Die Erde ist die empfangende und Alles gebärende Mutter, darum werden die weiblichen Gottheiten der Erde nachgebildet. Der glühende Wüstenwind ist der schreckliche Ver- derber, darum wird er als die Gottheit des Verderbens dargestellt. So entsteht allmälig eine zusammenhängende Göttergeschichte von

4. Leitfaden der Weltgeschichte für die höheren Classen evangelischer Gymnasien und Realschulen, sowie zum Privatgebrauch für Lehrer und für Gebildete überhaupt - S. 174

1859 - Lübeck : Rohden
174 Xiii. §. 4. Neu hinzukvmmende Bestandtheile und deren Einordnung rc. verliehen, und nur durch gottlose Verletzung alles Heiligen gebrochen werden konnten. Das Verdienst, die verschiedenen Bestandtheile des römischen Volks durch den festen Kitt einer sorgfältig abgemessenen gemeinsamen Cul- tusordnung stärker als bisher mit einander verbunden und in gewissem Maße zu einem geordneten Ganzen gemacht zu haben, wird dem Nach- folger desromulus zugeschrieben, dem Sabiner Numa Pompilius, der eine vierzigjährige weise und friedliche Regierung geführt haben soll. Er hatte vor allen Dingen sich selbst mit einem geheimnißvollen Heiligenschein zu umgeben gewußt, indem er mit einer Gottheit in en- gem und vertraulichem Verkehr zu stehen vorgab. So fanden die von ihm geschriebenen Ritualbücher und die von ihm zur allgemeinen Ver- ehrung aufgestellten Gottheiten, sammt den von ihm eingesetzten Prie- stercollegien willige Aufnahme, und das Beispiel seiner eignen gewissen- haften und gottesfürchtigen Haltung wirkte vielleicht noch mehr als seine Anordnungen. Er stellte aber neben den Gottheiten, welche jede Tribus, jede Curie, jede Gens für sich allein verehrten, insonderheit drei allgemeine Hauptgottheiten auf, den Jupiter, den Mars und Quirinus, deren Verehrung ein besonderes Priestercollegium in Obacht nahm. Neben diesen stand noch als der Gott alles Anfangs der doppelköpfige Janus, dessen Tempel oder Thorhalle geöffnet blieb, so lange der Krieg dauerte. Weil aber dies eroberungssüchtige Volk nicht ohne Krieg leben konnte, so stand er beständig offen, drei ganz kurze Zeiträume ausgenommen, von denen der erste in die Regierung des Numa Pompilius selber fiel. Ein nicht minder wichtiger Ver- einigungspunkt für alle römischen Stämme war der Dienst der Vesta, der Göttin des heimischen Heerdfeuers und Hüterin der Reichskleino- dien. Für sie ward das Collegium der vestalischen Priesterinnen ge- stiftet, der heiligen Jungfrauen, die bei schwerer Strafe das heilige Feuer beständig brennend erhalten mußten. Am wichtigsten aber war das Collegimn der Augurn, der Zeichendeuter, welche aus dem Vo- gelflug, aus den Himmelserscheinungen, aus den Eingeweiden der Opferthiere, aus der Freßgier der Hühner und tausend kleinen Dingen den Willen der Götter erkannten und bestimmten. Diese Männer hiel- ten den Staat wie den Einzelnen mit tausend ehernen Banden des Aberglaubens gefesselt. Was immer gethan werden mochte, in Krieg und Frieden, zu Hause oder draußen, das mußte erst durch gute Vorbe- deutungen als den Göttern wohlgefällig erkannt sein. Ein verkehrter Tritt, ein Straucheln, ein plötzlicher Ruf, eine unwillkommene Ant- wort, ein begegnendes Thier, kurz eine Zufälligkeit, ein Nichts, das als unglückweissagendes Omen galt, setzte die eiserne Römerseele in Schrecken und hielt sie zurück von den wichtigsten und folgenreichsten Unternehmungen. Das war das Gängelband, an welchem der Ein- zelne und das ganze Volk sich leiten ließ, und kluge Leiter wußten es trefflich zum Zusammenhalt des Ganzen zu gebrauchen.

5. Leitfaden der Weltgeschichte für die höheren Classen evangelischer Gymnasien und Realschulen, sowie zum Privatgebrauch für Lehrer und für Gebildete überhaupt - S. 43

1859 - Lübeck : Rohden
V. §. 1. Israel und die Philister. 43 drei übrigen aber nahe dem Meere. Doch ist nirgend eine Spur zu finden, daß die Philister eben so wie die Phönizier ein seefahrendes, handeltreibendes Volk gewesen seien. Sie trieben in ihrem fruchtba- ren Küstenstrich Ackerbau, Weinbau, Olivencultur, waren ein gewerb- sames und streitbares Volk und traten mit ihrem fest zusammenhal- tenden Fünffürstenbunde den Israeliten als eine schwer zu bezwingende Kriegsmacht entgegen. Mit den Phöniziern scheinen sie in freund- schaftlicher Verbindung gestanden zu haben, und ihr Götzendienst war dem phönizischen (allgemein hamitischen) ziemlich gleich. Baal (mit dem Beinamen Sebub zu Ekron) und die Aschera oder Derketo genießen auch unter den Philistern die höchste Verehrung. Ja der Ascheratempel (die Griechen sagen Aphroditentempel) zu Ascalon soll der allerälteste Tempel dieser Göttin gewesen sein. Von hier aus soll sich der wollüstige Opferdienst über Cypern und die griechischen In- seln verbreitet haben. Dagon, der Meeresgott, scheint dem verder- berischen Typ hon der Aegypter und Moloch der Cananiter ent- sprochen zu haben; doch ist später wohl der Cultus des Baal mit dem des Dagon zusammengeworfen. An Wahrsagern und Zau- berern, Orakeln und Götzenbildern, Tempeln und Opfern, Gottver- gessenheit und Trachten nach irdischen Dingen standen die Philister den Phöniziern ziemlich gleich. Sie mußten ihnen zwar den Vorrang lassen an Ruhm und Glanz und Macht und Herrlichkeit; aber sie übertrafen sie dagegen an kriegerischem Muth und Tapferkeit. Von Mizraim, heißt es 1 Mos. 10, 14, stammten die Caslu- chim und Caphtorim, von den Casluchim aber sind gekommen die Philister. Nach anderen biblischen Stellen, 5 Mos. 2, 23. Jer. 47, 4. Ainos 9, 7, will es dagegen scheinen, als seien die Bewohner des Phi- listerlandes ganz oder theilweise hergekommen aus Caphttzor, d. h. aus der Insel Kreta. Cs müssen also entweder die Casluchim und Caphtorim beide ursprünglich in Aegypten gesessen haben, oder, was wahrscheinlicher ist, zu den ursprünglich aus Aegypten herübergewan- derten Casluchim und Philistim sind später die Kreter hinzugekommen. Deshalb werden auch Philisti (oder Plethi) und Kreti bald neben einander genannt, bald als zusammengehörig mit einander verschmolzen. Manche haben behaupten wollen, daß unter den Hyksos, welche von 2100 bis 1600 das Land Aegypten heimsuchten und beherrschten, auch die Philister gewesen und eine bedeutende Rolle gespielt hätten. Doch ruht das auf sehr unsicheren Angaben. Der schmale Küstenstreif, auf welchem sie sich im Lande Canaan niedergelassen hatten, war in ältester Zelt von dem Volk der Aviter bewohnt, welche mit zu dem Riesengeschlecht der Enakskiilder ge- hört zu haben scheinen. Sie unterjochten es, ohne es auszurot- ten. Noch bis zu David's Zeit finden wir Riesenfamilien unter

6. Leitfaden der Weltgeschichte für die höheren Classen evangelischer Gymnasien und Realschulen, sowie zum Privatgebrauch für Lehrer und für Gebildete überhaupt - S. 26

1859 - Lübeck : Rohden
26 Ih. §. 4. Unglaube und sittliches Verderben der Aegypter. dem lebenweckenden Sonnengott Osiris, der vom bösen Typhon erschlagen wird (die unfruchtbare Zeit des Jahrs). Isis, die Erd- göttin, sucht ihn trauernd, denn sie ist nun ihrer Fruchtbarkeit beraubt. Aber ihr Sohn Horos, die wiedererwachende Naturkraft, wächst heran und überwindet den Verderber. Und auch Osiris ist eigent- lich nicht todt, sondern herrscht in der Unterwelt, und sendet von da aus neues Leben empor. Das waren die Gottheiten, welche die Aegypter in Holz und Stein abbildeten und verehrten. Aber nicht bloß in Holz und Stein, auch in den Leibern lebendiger Thiere glaubten sie diese Gottheiten vor Augen zu haben. Ja, so ties sank dies weiseste Volk des Alterthums in die Narrheit hinunter, daß es Stiere, Katzen, Krokodile, Schlangen, und was sonst noch Vierfüßiges oder Gefiedertes oder Kriechendes zu nennen ist, als Götter verehrte *). Wie konnte solche Religion das Herz veredeln, die Sitten bessern, den Leidenschaften des alten Menschen Schranken setzen? Ja, die Aegypter hatten Todtengerichte; sie glaubten an einen guten und an einen Übeln Zustand nach dem Tode und an eine Seelenwanderung. Sie hielten Gericht und sprachen Urtheil über jeden Gestorbenen, ob er werth sei, einbalsamirt zu werden und in der Todtenstadt zu wohnen. Aber wie hätte solch hölzernes Rechtsprechen nach dem Tode Sünde verhindern, wie hätten die sündigen Todtenrichter selber die Sünde als Sünde erkennen, ihre Wurzeln ausdecken, ihre Wir- kungen beurtheilen können? In der Behandlung des Volkes Israel kommt ein ganzes Nest sündlicher Gesinnungen und Handlungen bei den Aegyptern zu Tage. Welch ein Undank gegen Jacob's Nachkommen nach Jo- seph's Tode! Welche schonungslose Härte in der Behandlung des zum Sklavendienst verurtheilten Volkes! Noch sieht man sie aus den Denkmälern unter den Peitschen ihrer ägyptischen Treiber seufzen. Welch erbarmungslose Grausamkeit in dem Befehl, alle Knaben zu ersäufen! Jedermann entsetzt sich über den Kindermord zu Bethle- hem; aber ist nicht dieser Kindermord unendlich scheußlicher, anhal- tender, umfassender? Und doch war hier kein finsterer Tyrann Hero- deö, sondern einer der gepriesenften und begabtesten Fürsten, der schon erwähnte Ramses Ii. der Große, dem man keine plötzlichen *) Der alte Kirchenvater Clemens von Alcrandrien fügt, nachdem er die Pracht ägyptischer Tempel beschrieben, hinzu: Das innerste Hei- ligthum ist mit goldgcsticktcni Zeug verhüllt. Nimmt aber der Priester die Umhüllung weg, so sieht man eine Katze oder Krokodil oder Schlange, die sich auf Purpurdecken wälzt.

7. Leitfaden der Weltgeschichte für die höheren Classen evangelischer Gymnasien und Realschulen, sowie zum Privatgebrauch für Lehrer und für Gebildete überhaupt - S. 120

1859 - Lübeck : Rohden
120 X. §. 3. Sitte und Religion der Griechen. sammt allen anderen schönen Künsten, weiter die einzelnen Gegenstände der Schöpfung, das Meer und die Ströme, die Berge und die Bäume, ja der Tod und die Hölle selbst gestalteten stch in ihrer übersprudelnden Phantaste in schöne Gottheiten um, deren Kreis natürlich niemals ab- geschlossen ist, sondern immer neuen Götterheroen, vergötterten Men- schen und verkörperten Begriffen den Zutritt offen läßt. Statt der alten pelasgischen Naturgottheiten bildeten ste stch ihpe Götter zu sitt- lichen Gestalten aus. Der Lichtgott Apollo ward ein Gott der sittli- chen Reinheit, Kunst und Unmuts der alte Himmelsgott ward zum olympischen Zeus, dem hochgebietenden Schirmherr des ewigen Rechts, die alte Gewittergöttin ward zur Pallas Athene, dem Ideal jungfräu- licher Reinheit und maßhaltender Thatkraft. Die Wollustgöttin der Phönizier, deren Cultus die Hellenen schon auf griechischem Boden vor- fanden, ward zur Aphrodite, zur Göttin der Liebe und Schönheit und weiblichen Anmuth, die finstere Nachtgöttin Astarte ward zur Artemis, zur ersten Göttin strenger Jungfräulichkeit. So gewannen alle die alten Göttervorstellungen Gestalt und Leben. Ein oberster Götterkreis thronte nach der allmälig sich festsetzenden Vorstellungsweise im ewigen Genüsse aller Schönheit und Lieblichkeit sinnlichen Genusses auf dem Berg Olympos, der in das Himmelsgewölbe hineinragte. Der Götter- vater Zeus stand an der Spitze, neben ihm seine Gattin, die Hera, dann seine zahlreichen Kinder, endlich seine Geschwister Hestia und Poseidon und Pluto. Die beiden letzteren als Beherrscher des Meeres und der Unterwelt nehmen aber keinen Antheil an den olympischen Freuden, sondern haben in ihren Reichen einen besondern Hofstaat und zahlreiche Heere untergeordneter Gottheiten zu ihrem Dienst. Die Erde ist ebenfalls von ungezählten Schaaren niederer Gottheiten und Halbgötter bevölkert. Da wimmeln die Berge und Wälder von Oreaden und Dryaden, da hat jedes Flüßchen, jeder Ouell seine Nymphe, da halten die Faunen und Satyrn ihre ausgelassenen Tänze, und jedes Haus und jeder Heerd steht unter dem Schutz seiner besondern Gottheit. Zu Ehren dieser Götter sah man aller Orten geweihte Stätten, Bilder, Altäre und Tempel; da wurden Gebete verrichtet, Weihgeschenke gebracht, Opfer geschlachtet; es wurden Feste gefeiert mit feierlichen Umzügen, Gesängen und Tänzen. Der Wille der Götter wurde erfragt aus dem Fluge der Vögel, aus den Eingeweiden der Ovferthiere, und die Stimme der heiligen Orakel insonderheit zu Delphi und Dodona machte in dun- keln Sprüchen die verschleierte Zukunft kund. Da nun das Laster stets unschön ist, so mußte jede hervortretende Lasterhaftigkeit von dieser Religion der Schönheit ausgeschlossen sein. Man muß dabei aber nicht an Laster in unserm Sinne denken. Denn unter Sünde verstanden die Griechen etwas ganz Anderes als wir. Nicht eine sittliche Schuld war ihnen die Sünde, sondern ein Verstoß gegen die geheiligten Ordnungen des Staates oder der Sitte, und eine Ver- letzung der schönen Lebensformen, unter welchen Ehre und Ruhm vor den Menschen obenan steht. Tiefere Fragen der Sittlichkeit und Reli- giosität scheinen stch später in die Reste des alten pelasgischen Cultus zurückgezogen zu haben, in die sogenannten Mysterien, die auö Festen

8. Leitfaden der Weltgeschichte für die höheren Classen evangelischer Gymnasien und Realschulen, sowie zum Privatgebrauch für Lehrer und für Gebildete überhaupt - S. 268

1859 - Lübeck : Rohden
268 Xvii. §. 2. Herrlicher Beruf und Natur des Germanenvolks. und überwunden, und sollte ein solcher Kampf selbst Freiheit, Ge- sundheit und Leben kosten. Denn das ist der Ruhm des edlen Ger- manen, daß sein persönlicher Wille in dem, was er für recht und gut erkannt hat, durch nichts, weder durch Schmerzen noch durch Schmach und Tod überwunden werden kann. Ein solches Volk hatte sich der Herr herangezogen durch die Wunderwege seiner geheimniß- vollen Gnadenführung, auf daß es, was es jetzt in heidnischer Na- turkraft zu erringen begonnen, dereinst als geisterfülltes Gottesvolk in der Kraft des neuen Lebens mit Gott herrlich und siegreich vollenden möchte. Bei einem solchen ganz anders gearteten Heidenvolk bewegen na- türlich auch die religiösen Anschauungen sich in ganz anderen Kreisen, als bei den sämmtlichen heidnischen Kulturvölkern des Alterthums. Bei den Germanen finden wir nicht die starren Formen und unsittli- lichen Opfer und Gebräuche des orientalischen Naturdienstes, auch nicht die feinausgezierten kunstsinnigen Dichtungen von einer in menschlicher Schönheit prunkenden Götterwelt, bei der an Stelle alles sittlichen Ernstes und der strengen Forderungen der Pflicht lediglich das Gebot des Schönheitssinnes, des Ebenmaßes, des sinnlich wohlthuenden Ein- klangs getreten ist, wie bei den Griechen — sondern wir finden bei ihnen eine solche Ausbildung und Umformung der alten arischen Licht- religion, wie sie dem ungebrochenen, aber unter der Zucht Gottes und des Gewissens stehenden Heldensinn der Germanen angemessen ist, Alles wild, kolossal, phantastisch, abenteuerlich, märchenhaft, aber durchzogen von den Klängen einer tiefen göttlichen Wahrheit und voll Vorahnun- gen noch bevorstehender höherer Offenbarungen. Wie sie selber im unablässigen Kamps begriffen sind, so ruht auch nimmermehr der Kampf unter den oberen geistigen Gewalten. Da erscheint uns das ganze finstere Dämonengeschlecht der Dürfen oder Jötun, und ihnen gegen- über das Heer der Lichtgestalten, der Äsen, an ihrer Spitze der rastlos kämpfende und siegende Heldengeist Odin (Wuotan), der mit seinen Brüdern den finstern Jötunriesen Vrnir erschlägt und aus dessen Gliedern, Fleisch, Blut, Knochen, Zähnen, Hirn und Haaren die ganze sichtbare Welt bereitet; der die Heldenseelen unter dem Menschenge- schlecht mit seiner übermenschlichen Kraft erfüllt und endlich zu sich ruft. In seinem Heere kämpft sein Sohn Thor oder Donar mit seinem Hammer (Blitzstrahl) gegen die wilden Dämonen des kalten Winters, des Frostes, des ewigen Eises, des starren Gesteins, des wü- sten Schuttes, der unfruchtbaren Felsen u. s. w., und neben ihm ist Heimth aller geschäftig mit seinem Höfudschwert und Giallarhorn, um in die von den Dürfen gestörte Welt wieder Ordnung, Ebenmaß und Harmonie zurückzubringen. Aber einem der Dürfen, dem finstern Loki, ist es gelungen, sich mitten in die Götterversammlung der Äsen hineinzustehlen und als Vorbote des endlich auch über sie hereinbre- chenden Verderbens einen Todesschatten über die heldenmüthige Sie- gesfreudigkeit der Äsen zu werfen. Denn auch für die Äsen und nicht

9. Leitfaden der Weltgeschichte für die höheren Classen evangelischer Gymnasien und Realschulen, sowie zum Privatgebrauch für Lehrer und für Gebildete überhaupt - S. 269

1859 - Lübeck : Rohden
Xvii. §.3. Bedürfniß kriegerischen Vordringens bei den Germanen rc. 269 minder für die dritte Götterreihe, die V anen, die den Germanen be- deutend ferner stehenden, von ihnen eher als Feinde und Versucher betrachteten Gottheiten des Genusses, des Reichthums, des friedlichen Gedeihens, wird ein Ende kommen, eine „Götterdämmerung". Dann wird Loki's Geschlecht den Odin und sein Heer tobten und verschlin- gen, dann wird die Sonne verlöschen und die Erde versinken; Flam- men und Rauch werden zum Himmel aufschlagen. Darnach aber wird eine neue Erde hervorgehen und die Welt wird sich wandeln. Geläu- tert werden die Äsen und die ihnen ungehörigen Helden in der Men- schenwelt aus dem Verderben wieder hervorgehen und die neue reine Erde bewohnen, wo ewiger Friede und ewiger Sonnenglanz herrscht. Dann wird der höchste Gott, der noch über dem Odin steht, selber erscheinen und sein Reich regieren. Die Gottlosen aber werden mit den Dürfen verstoßen sein in den Schlangenpfuhl und unablässig zer- rissen werden von wildem Gethier, ohne doch sterben zu können. 8. 3. Bedürfniß kriegerischen Vordringens bei den Ger- manen. Mischung mit den Römern an den Grenzen. Ein so geartetes Heldenvolk konnte, das ist leicht einzusehen, nicht leben ohne Kampf, Gefahr, Krieg und Abenteuer. Nur der Waffenfähige hatte Stimme in der Volksversammlung und Antheil am Gemeindeacker; nur kräftige Kinder wurden aufgezogen; dagegen ließen Alte, Sieche, Schwache sich lieber von ihren Angehörigen töd- ten, alö daß sie ein Leben ohne Waffenthaten ertragen hätten. Auf dem Schlachtfelde zu fallen, galt als die höchste Ehre und führte zu den Walhallafreuden des Wuotan. Selbst der Knecht, wenn es ihm nicht glückte, im Kampf an der Seite seines Herrn zu fallen, ließ sich gern über dessen Leiche tobten und mit ihr verbrennen, um nur nicht in das öde Reich des finstern Hel (Hölle) verstoßen zu werden. Wie hätten solche Männer in ruhigem Friedensgenusse ausdauern können? Eine jede Gemeinde mit ihren freien Landsassen sammt ihren leibeig- nen Sklaven und halbst eien Hörigen (aus Resten der unterworfenen Stämme oder heruntergekommenen Freien bestehend), mit ihrem Vor- steher (Fürst, Herzog) an der Spitze, war durch ihre inneren Ein- richtungen gezwungen, bei größerer Vermehrung ihrer Zahl, bei stär- kerm Anwuchs der nachkommenden Generation, für die Ueberzahl ein neues Feld, neuen Ackerbesitz sich zu gewinnen, und wie sollte das anders geschehen als durch Kampf? Eben so die alten adligen Ge- schlechter, welche vermöge ihrer höhern Abkunft (von den Göttern) eine bevorrechtete Stellung vor den freien Eigenthümern hatten, konnten diese Stellung inmitten einer ruhigen friedlichen Zeit nicht geltend machen, am wenigsten ihre jüngeren, nicht zur Erbschaft des Landbesitzes berufenen Söhne. Was blieb ihnen anders übrig, als
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